1. Einleitung: Ein unerwünschter Gast in Europa
Die Asiatische Hornisse (Vespa velutina), auch bekannt als Gelbfußhornisse oder Asiatische Raubwespe, ist eine ursprünglich in Südostasien beheimatete Wespenart. In den letzten zwei Jahrzehnten hat sie sich zu einer besorgniserregenden invasiven Art in Europa entwickelt. Ihre Einführung in Europa war ein Zufallsprodukt globaler Handelswege. Sie wurde 2004/2005 erstmals in Südfrankreich nachgewiesen, vermutlich über chinesische Töpferwaren eingeschleppt. Seitdem hat sie sich mit alarmierender Geschwindigkeit über weite Teile Europas ausgebreitet, darunter Spanien, Portugal, Belgien, Italien, das Vereinigte Königreich, die Niederlande und Deutschland.
Die Art zeigt eine bemerkenswerte Fähigkeit zur schnellen und weitreichenden Ausbreitung, selbst unter Bedingungen, die normalerweise einschränkend wirken würden. Obwohl die europäische Population von Vespa velutina nigrithorax aus einem einzigen Einführungsereignis hervorgegangen ist und somit einen genetischen Engpass (Bottleneck-Effekt) aufweist, der zu einer reduzierten genetischen Vielfalt führt, konnte bisher kein Populationskollaps beobachtet werden. Normalerweise macht eine geringe genetische Vielfalt Populationen anfälliger für Krankheiten und Umweltveränderungen und verringert ihre Anpassungsfähigkeit. Die Tatsache, dass sich
V. velutina nigrithorax trotz dieses Nachteils so erfolgreich und schnell in Europa etablieren konnte, deutet auf eine außergewöhnlich hohe intrinsische Invasivität hin, die beispielsweise in einer hohen Reproduktionsrate, einem breiten Nahrungsspektrum und einer bemerkenswerten Anpassungsfähigkeit an neue Umgebungen begründet liegt. Zudem scheint es im neuen Verbreitungsgebiet an wirksamen natürlichen Feinden oder Kontrollmechanismen zu mangeln. Dies unterstreicht die enorme Widerstandsfähigkeit und das invasive Potenzial der Art. Es zeigt, dass selbst ein begrenzter Genpool die Ausbreitung nicht wesentlich behindert, was die vollständige Eliminierung der Art, sobald sie sich etabliert hat, extrem schwierig, wenn nicht unmöglich macht. Dies hat weitreichende Konsequenzen für Managementstrategien, die sich möglicherweise von der Ausrottung hin zur Schadensbegrenzung verlagern müssen.
Die Einführung der Asiatischen Hornisse durch den Transport von Gütern wie chinesischer Töpferwaren ist kein isoliertes Phänomen, sondern ein deutliches Zeichen für einen spezifischen und wiederkehrenden Vektor biologischer Invasionen: den globalen Waren- und Personenverkehr. Die Erkenntnis, dass selbst scheinbar harmlose Güter als Vektoren dienen können, verdeutlicht ein fundamentales Problem der modernen, globalisierten Welt. Der internationale Handel schafft unbeabsichtigt Einfallstore für invasive Arten. Dies impliziert, dass präventive Maßnahmen wie strenge Biosicherheitskontrollen an Einfuhrhäfen und -grenzen von entscheidender Bedeutung sind, um zukünftige Invasionen zu verhindern. Es ist ein Aufruf zu einem proaktiven Ansatz statt einer reaktiven Bekämpfung, die oft zu spät kommt.
Aufgrund ihres hohen invasiven Potenzials und der potenziellen Bedrohung für die heimische Biodiversität, insbesondere für Honigbienen und andere Bestäuber, wurde Vespa velutina 2016 in die EU-Liste invasiver gebietsfremder Arten von unionsweiter Bedeutung aufgenommen (EU-VO 1143/2014). Diese Listung verpflichtet die Mitgliedstaaten, Maßnahmen zur Bekämpfung und, wenn möglich, zur Ausrottung der Art zu ergreifen.
2. Steckbrief: Erkennung und Biologie
2.1. Herkunft und Merkmale: Wie man sie erkennt und von der Europäischen Hornisse unterscheidet
Die Asiatische Hornisse (Vespa velutina) ist in weiten Teilen Südostasiens beheimatet, insbesondere in tropischen Regionen von Nordindien, Pakistan, Afghanistan, Bhutan, China, Taiwan, Burma, Thailand, Laos, Vietnam, Malaysia und den umliegenden Inselgruppen. Sie ist eine von 22 bekannten
Vespa-Arten und weist in ihrer natürlichen Heimat eine hohe Farbvariabilität auf, mit zwölf bekannten Farbformen oder Unterarten. Die in Europa eingeschleppte Unterart ist
Vespa velutina nigrithorax, deren Name “schwarzer Brustpanzer” bedeutet und auf ein wesentliches Erkennungsmerkmal hinweist.
Die Asiatische Hornisse ist im Allgemeinen kleiner als die heimische Europäische Hornisse (Vespa crabro). Königinnen erreichen etwa 30 mm (bis zu 32 mm), Arbeiterinnen 17 bis 24 mm und Männchen 21 bis 28 mm. Ihre Färbung ist charakteristisch: Der Kopf ist schwarz, mit einem gelben oder orangen Gesicht und Mundwerkzeugen. Der Thorax ist samtig braun oder fast vollständig schwarz. Der Hinterleib ist überwiegend dunkelbraun bis schwarz, wobei die ersten drei Segmente eine schmale, gelbe Hinterkante aufweisen und das vierte Segment auffällig orange gefärbt ist. Ein weiteres markantes Merkmal sind ihre Beine, die nahe des Körpers dunkelbraun bis schwarz sind, aber charakteristisch gelbe Tarsen (Füße) besitzen. Der Körper ist mit feinen, aufrechten, schwarzen oder braunen Haaren bedeckt. Ihr Stachel ist 3-4 mm lang.
Die morphologische Variabilität von Vespa velutina in ihrer natürlichen Heimat, wo sie zahlreiche unterschiedliche Farbmorphen ausbildet , stellt eine Herausforderung für die genaue Identifizierung dar. Obwohl
nigrithorax die invasive Unterart in Europa ist, können die subtilen Farbunterschiede und die allgemeine Variabilität der Art die genaue Identifizierung für Laien erschweren. Die aktuelle Überwachung, die stark auf visuellen Meldungen der Öffentlichkeit basiert, weist eine geringe Genauigkeit auf. Dies unterstreicht die Notwendigkeit klarer, leicht verständlicher Identifikationshilfen und möglicherweise fortschrittlicherer Detektionstechnologien, wie künstliche Intelligenz, um Verwechslungen mit heimischen Arten zu vermeiden. Eine präzise Identifizierung ist entscheidend, um Panikmache zu verhindern und sicherzustellen, dass heimische, oft geschützte Arten wie die Europäische Hornisse nicht fälschlicherweise bekämpft werden. Die Qualität der Bürgermeldungen hängt direkt von der Genauigkeit der Identifikation ab.
Um die Unterscheidung zwischen der Asiatischen Hornisse und der heimischen Europäischen Hornisse zu erleichtern, dient die folgende Tabelle als Übersicht der wichtigsten Merkmale:
Vergleich: Asiatische Hornisse (Vespa velutina) vs. Europäische Hornisse (Vespa crabro)
Merkmal | Asiatische Hornisse (Vespa velutina nigrithorax) | Europäische Hornisse (Vespa crabro) | ||||
Körpergröße | Königin: ca. 30 mm (bis 32 mm) | Arbeiterin: 17-24 mm | Männchen: 21-28 mm | Königin: bis 40 mm | Arbeiterin: bis 25 mm | Männchen: bis 28 mm |
Kopf | Schwarz, mit gelbem oder orangem Gesicht und Mundwerkzeugen | Rötlich bis schwarz | ||||
Thorax | Samtig braun oder fast vollständig schwarz | Rotbraun mit schwarzer, v-förmiger Zeichnung | ||||
Hinterleib | Überwiegend dunkelbraun bis schwarz; erste drei Segmente mit schmaler, gelber Hinterkante; viertes Segment auffällig orange | Vorderen Segmente rotbraun und schwarz; zur Spitze hin wespentypische schwarze Zeichnung auf gelbem Grund | ||||
Beine | Dunkelbraun bis schwarz, mit charakteristisch gelben Tarsen (Füßen) | Dunkel | ||||
Stachel | 3-4 mm lang | Bis zu 6 mm lang | ||||
Heimische Verbreitung | Südostasien (Indien, China, Taiwan, Thailand, Vietnam etc.) | Mitteleuropa bis Süd-Skandinavien und Britische Inseln | ||||
Europa-Einführung | 2004/2005 in Südfrankreich | Heimisch | ||||
Deutschland-Einführung | 2014 in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz | Heimisch | ||||
Ernährung (Arbeiterinnen) | Baumsäfte, Nektar, Fallobst, Honigtau | Baumsäfte, Nektar, Fallobst, Honigtau | ||||
Ernährung (Larven) | Insekten (breites Spektrum), auch Bienen | Insekten, auch Bienen | ||||
Primärnest | Klein, zerbrechlich; oft in geschützten Orten wie Gebäuden, niedrigen Sträuchern | In wettergeschützten Hohlräumen: Baumhöhlen, Nistkästen, Dachböden | ||||
Sekundärnest | Groß, papierartig; hauptsächlich im Freien, oft hoch in Baumkronen (>10 m) | Je nach Platzangebot; in Hohlräumen | ||||
Nesteingang | Typischerweise seitlich angeordnet | Meist am Boden | ||||
Nestgröße | Je nach Platzangebot ca. 75 x 70 cm; bis 1 m hoch | Je nach Platzangebot ca. 60 x 30 cm | ||||
Volksstärke (Peak) | Ca. 1000-2000 Individuen; bis über 13.000 Hornissen im Spätsommer/Herbst | Ca. 400-700 Individuen | ||||
Verhalten ggü. Menschen | Ähnlich friedfertig wie Europäische Hornisse; sticht nur zur Nestverteidigung | Sehr friedfertig; greift nie grundlos an; sticht nur zur Verteidigung | ||||
Aktivität | Tagaktiv; verirrt sich nicht in beleuchtete Zimmer | Nachtaktiv; verfliegt sich in beleuchtete Zimmer | ||||
Stich-Toxizität | Ähnlich wie Honigbiene oder andere Faltenwespen; nicht höher | Weniger toxisch als Honigbiene oder andere Faltenwespen | ||||
Allergische Reaktion | In seltenen Fällen schwere Reaktionen möglich; Zunahme der Fälle in Spanien/Frankreich | In sehr seltenen Fällen schwere Reaktionen möglich | ||||
Bestandsgefährdung | Invasiv, EU-weit bekämpft | Bedroht, besonders geschützt in Deutschland |
2.2. Lebenszyklus und Nestbau: Von der Gründung bis zur Kolonie
Wie andere Hornissenarten baut Vespa velutina Nester aus einer papierartigen Substanz, die Kolonien von mehreren tausend Individuen beherbergen können. Der jährliche Lebenszyklus beginnt im Frühjahr, wenn die überwinterte Königin ein kleines Primärnest, auch Embryonest genannt, gründet und die ersten Eier legt. Diese ersten Nester sind oft zerbrechlich und befinden sich an geschützten Orten, wie niedrigen Sträuchern, Gebäuden, Dachböden oder Rollladenkästen.
Nach einigen Monaten, wenn die Kolonie wächst und die ersten Arbeiterinnen schlüpfen, wird das Primärnest oft verlassen und ein neues, deutlich größeres Sekundärnest gebaut. Diese Sekundärnester befinden sich hauptsächlich im Freien, oft hoch in Baumkronen (über 10 m Höhe), was sie schwer auffindbar macht. Die Verlagerung des Nestes könnte auch eine antiparasitäre Maßnahme sein. Sekundärnester können sehr groß werden, oft mindestens einen halben Meter lang , und in Ausnahmefällen bis zu 1 Meter hoch und 80 cm breit. Im Gegensatz zur Europäischen Hornisse (
Vespa crabro), deren Nester meist eine Öffnung am Boden haben, ist der Nesteingang der Asiatischen Hornisse typischerweise seitlich angeordnet.
Die zweistufige Niststrategie der Asiatischen Hornisse ist ein entscheidender Faktor für den Erfolg der Art. Das anfängliche, geschützte Primärnest ermöglicht eine sichere Koloniegründung, während das spätere, größere und hoch gelegene Sekundärnest besseren Schutz vor Fressfeinden (einschließlich Menschen) bietet und möglicherweise die Parasitenlast reduziert. Diese Strategie erschwert die Bekämpfungsmaßnahmen erheblich, da die leicht zugänglichen Primärnester oft unbemerkt bleiben oder aufgegeben werden, bevor sie entdeckt werden, während die schwer erreichbaren Sekundärnester die Hauptquelle für die Produktion neuer Königinnen sind. Dies unterstreicht die Notwendigkeit einer frühzeitigen Erkennung und Zerstörung der Primärnester.
Eine Kolonie kann im Spätsommer/Herbst über 13.000 Hornissen beherbergen. Die Volksstärke erreicht ihren Höhepunkt im Frühherbst mit etwa 1000-2000 Individuen. Im Spätherbst schwärmt die nächste Generation junger Königinnen aus, um sich zu paaren und über den Winter zu hibernieren. Jede erfolgreiche Kolonie kann Hunderte von neuen Gründerköniginnen produzieren, die im Herbst schlüpfen und sich paaren. Diese überwinterten, befruchteten Königinnen gründen im folgenden Frühjahr neue Nester. Die restliche Kolonie stirbt im Winter ab.
Das exponentielle Wachstumspotenzial von V. velutina, ausgehend von nur wenigen Gründerköniginnen, ist bemerkenswert. Eine einzelne Königin kann eine Kolonie gründen, die wiederum Hunderte neuer Königinnen hervorbringt. Modellierungen verdeutlichen dies eindringlich: Aus einem einzigen Nest können im folgenden Jahr 4 Nester entstehen, nach 3 Jahren 16 Nester und nach 5 Jahren 129 Nester. Nach 10 Jahren wird die Invasion voraussichtlich weit verbreitet sein, mit über 50.000 Nestern insgesamt und einer hohen Dichte von über 5 Nestern pro Quadratkilometer in einigen Regionen. Dies erklärt die schnelle Ausbreitung in Europa und verdeutlicht, warum die frühzeitige Erkennung und Zerstörung von Gründerinnen und Primärnestern von größter Bedeutung ist,
bevor neue Königinnen schlüpfen und sich verteilen. Wenn dieses “enge Zeitfenster” verpasst wird, wird die Etablierung der Population wahrscheinlich, und die Managementkosten steigen rapide an. Dies erklärt auch, warum “Frühjahrsfallen” umstritten und oft unwirksam sind, wenn sie nicht flächendeckend und koordiniert eingesetzt werden.
Fun Fact: Die Asiatische Hornisse kann die Temperatur ihres Nestes aktiv regulieren, indem sie Wasser regurgitiert und ihre Flügel vibriert, um die Kolonie auch bei extremen Temperaturen aktiv zu halten.
3. Die Ausbreitung: Eine rasante Invasion
3.1. Von Asien nach Europa: Die Geschichte der Einschleppung und schnelle Expansion
Die Asiatische Hornisse wurde 2004/2005 unbeabsichtigt in Südwestfrankreich (nahe Bordeaux/Agen) eingeschleppt, vermutlich mit einer Lieferung chinesischer Töpferwaren. Von diesem einzigen Einführungspunkt aus hat sich die Art rasch ausgebreitet und in den folgenden Jahren zahlreiche europäische Länder kolonisiert: Spanien (2010), Belgien und Portugal (2011), Italien (2013), das Vereinigte Königreich (2016) sowie die Niederlande und Deutschland.
Die geschätzte Ausbreitungsgeschwindigkeit beträgt zwischen 67 und 82 km pro Jahr. Königinnen können über weite Strecken (durchschnittlich 28 km) dispergieren, was die schnelle Besiedlung neuer Gebiete ermöglicht. Die Art zeigt eine hohe Anpassungsfähigkeit an neue Lebensräume, insbesondere entlang von Küstengebieten. Studien in Südkorea zeigen, dass sie wärmere (“thermophile”) Standorte und städtische Gebiete bevorzugt.
Die schnelle Ausbreitung der Asiatischen Hornisse wird durch die hohe Dispersionsfähigkeit der Königinnen vorangetrieben. Allerdings wird die langfristige Etablierung und Dichte der Populationen durch die Eignung des lokalen Lebensraums, wie Temperatur und die Verfügbarkeit von Nahrung und Nistplätzen, beeinflusst. Dies bedeutet, dass Vorhersagemodelle für die zukünftige Verbreitung nicht nur die Ausbreitungsraten, sondern auch die Umweltbedingungen berücksichtigen müssen. Dies erklärt auch, warum bestimmte Regionen stärker betroffen sind als andere und warum die Art in Mitteleuropa weiterhin ihren Weg nach Norden findet.
3.2. Aktuelle Verbreitung in Deutschland und Europa: Fokus auf betroffene Regionen wie Niedersachsen
In Deutschland wurde die Asiatische Hornisse erstmals 2014 in Waghäusel (Baden-Württemberg) und Büchelberg (Rheinland-Pfalz) nachgewiesen. Seitdem breitet sie sich weiter in Richtung Norden aus.
Die Situation in Niedersachsen verdeutlicht die fortschreitende Ausbreitung der Art. Im Herbst 2023 gab es die ersten gesicherten Nachweise in Niedersachsen. Im Jahr 2024 erreichten den Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten und Naturschutz (NLWKN) bereits über 100 Sichtmeldungen. Ein erstes Nest wurde Ende Juni 2024 in Gildehaus, Grafschaft Bentheim, entdeckt und erfolgreich entfernt. Die Ausbreitung in Niedersachsen erfolgte bisher vor allem westlich der Weser.
Auf Managementebene zeigt sich in Deutschland ein pragmatischer Strategiewechsel. Obwohl die EU-Verordnung die Mitgliedstaaten zur Bekämpfung und, wo möglich, zur Ausrottung verpflichtet , sind sich die Verantwortlichen in Niedersachsen einig, dass die Art dort nicht mehr vollständig beseitigt werden kann. Der Fokus verlagert sich daher von der vollständigen Eliminierung hin zu Prävention und Information statt auf kostspielige und fragwürdige Bekämpfungsmaßnahmen. Dies ist ein entscheidender Paradigmenwechsel in der Bekämpfungsstrategie. Angesichts der rasanten Ausbreitung und der Schwierigkeit, alle Nester zu finden und zu zerstören , erkennen einige Regionen an, dass eine vollständige Ausrottung unrealistisch geworden ist. Dies erfordert eine Neuausrichtung der Ressourcen auf langfristige Managementstrategien, die darauf abzielen, die Auswirkungen zu minimieren, anstatt die Art vollständig zu eliminieren. Es impliziert auch, dass die Öffentlichkeit auf eine anhaltende Präsenz der Hornisse vorbereitet werden muss, mit einem Fokus auf Schutzmaßnahmen und Schadensbegrenzung, insbesondere für die Imkerei.
Monitoringprogramme spielen eine entscheidende Rolle bei der Überwachung der Ausbreitung. Bundesländer wie Hamburg, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern haben das Monitoringprogramm “AHlert-Nord” ins Leben gerufen, das zusammen mit Imkern die Überwachung der Asiatischen Hornisse in Norddeutschland koordiniert. Die Bevölkerung wird gebeten, Funde mit Fotos oder Videos über offizielle Meldeplattformen zu melden. Angesichts der Schwierigkeit, Nester zu finden und die Ausbreitung manuell zu verfolgen, wird die breite Beteiligung der Öffentlichkeit – insbesondere der Imker, die an vorderster Front mit den Hornissen in Kontakt kommen – zu einem unverzichtbaren Bestandteil der Überwachungs- und Frühwarnsysteme. Dieses dezentrale Netzwerk von Beobachtern ist entscheidend, um neue Ausbrüche zu erkennen und gezielte Bekämpfungsmaßnahmen zu informieren, insbesondere wenn die Ausrottung nicht mehr das primäre Ziel ist, sondern die lokale Eindämmung und das Management.
4. Auswirkungen: Ökologische und Wirtschaftliche Herausforderungen
4.1. Jagdverhalten und Beutespektrum: Eine Gefahr für Honigbienen und Wildbestäuber
Die Asiatische Hornisse ist ein opportunistischer Generalist unter den Prädatoren, der ein sehr breites Spektrum an Insekten jagt, darunter Fliegen, Libellen und Orthopteren. Sie frisst auch Spinnen und Aas von Wirbeltieren. Obwohl sie ein breites Beutespektrum hat, zeigt
Vespa velutina eine Präferenz für aggregierende Arten, insbesondere soziale Hautflügler wie Honigbienen (Apis mellifera, die Westliche Honigbiene). Honigbienen machen etwa 38,1% bis 39% ihrer Nahrung aus. Ein Hornissenvolk benötigt etwa 11 kg Insekten-Biomasse pro Jahr, was rund 97.000 Beutetiere entspricht.
Die Hornissen jagen Bienen oft im Flug vor den Bienenstöcken, ein Verhalten, das als “Hawking” bezeichnet wird, wobei bis zu 20 Hornissen gleichzeitig vor einem Stock schweben können. Diese Jagdstrategie beeinträchtigt die Sammelaktivität der Bienen erheblich und führt zu “Sammellähmung” (Bienen verlassen den Stock aus Angst nicht mehr) und “Heimfinde-Fehlern” (Bienen kehren nicht zum Stock zurück), was letztlich zum Zusammenbruch der Bienenvölker führen kann. Geschwächte Bienenvölker, beispielsweise durch Varroamilben, sind besonders gefährdet.
Die unterschiedliche Vulnerabilität der Honigbienenarten ist eine direkte Folge ihrer Koevolution. Die Westliche Honigbiene (Apis mellifera) hat keine effektiven Abwehrmechanismen gegen Vespa velutina entwickelt, da sie nicht mit dieser Hornissenart koexistiert hat. Sie versucht zwar, Hornissen zu “ballen” (sie zu umringen und zu erhitzen), aber weniger effektiv und bei niedrigeren Temperaturen als ihre asiatischen Verwandten. Im Gegensatz dazu hat die Östliche Honigbiene (
Apis cerana), die in Asien mit Vespa velutina koexistiert, wirksame Strategien entwickelt: schnelles Ein- und Ausfliegen, effektives “Balling” der Hornissen bis zum Tod und “Flügelschimmern” zur Vorbereitung auf Angriffe. Die Anfälligkeit von
Apis mellifera ist somit nicht darauf zurückzuführen, dass V. velutina von Natur aus aggressiver gegenüber ihr ist, sondern auf das Fehlen evolutionär entwickelter Abwehrmechanismen bei der europäischen Art. Dies bedeutet, dass Managementstrategien für A. mellifera dieses evolutionäre Defizit kompensieren müssen, indem sie sich auf den externen Schutz der Bienenstöcke oder die direkte Hornissenbekämpfung konzentrieren, anstatt auf die angeborenen Abwehrmechanismen der Bienen zu vertrauen. Dies erklärt auch, warum die Auswirkungen in Europa so viel gravierender sind als in Asien.
Während der Hauptfokus der Forschung und Berichterstattung auf Honigbienen liegt, wird Vespa velutina auch als Bedrohung für heimische Bestäuberinsekten angesehen. Die Hornisse wird als “Generalist” beschrieben, der ein breites Beutespektrum aufweist. Gleichzeitig wird jedoch eine deutliche Präferenz für Honigbienen als Beute festgestellt, die einen erheblichen Teil ihrer Nahrung ausmachen. Diese scheinbare Diskrepanz lässt sich durch das opportunistische Verhalten der Hornisse erklären: Sie konzentriert sich stark auf
lokal reichlich vorhandene Beute. In europäischen Imkereien sind Honigbienen extrem abundant, was sie zum Hauptziel macht. Der geringe Prozentsatz von Wildbienen in der Nahrung (0,02% in einer Studie) könnte eher deren geringere relative Häufigkeit widerspiegeln als einen Mangel an Bedrohung. Der breite Konsens aus mehreren Quellen ist, dass die Hornisse heimische Bestäuber und die Biodiversität
tatsächlich bedroht. Dies deutet darauf hin, dass die Auswirkungen auf Wildbestäuber subtiler oder lokaler sein könnten oder dass die langfristigen Effekte noch nicht vollständig verstanden oder quantifiziert sind. Der primäre, unmittelbare und sichtbarste Einfluss liegt auf den bewirtschafteten Honigbienenvölkern. Die potenzielle weitreichende ökologische Störung, insbesondere in bereits gestressten Bestäuberpopulationen , bleibt jedoch ein ernstes Anliegen, das weitere Forschung erfordert.
4.2. Ökologische Folgen: Bedrohung der Biodiversität und des Ökosystems
Die Asiatische Hornisse stört die Biodiversität, indem sie mit einheimischen Arten um Lebensraum und Nahrungsressourcen konkurriert. Sie kann die Ökosysteme erheblich beeinträchtigen, indem sie Nahrungsketten verändert und die entomologische Biodiversität reduziert. Ihre Anwesenheit kann die Sammelaktivität von Bestäuberinsekten verändern, da diese unter permanentem Stress durch die Hornissen stehen.
Die ökologischen Auswirkungen gehen über das bloße Fressen von Bienen hinaus und umfassen kaskadierende Effekte. Neben der direkten Prädation auf Bestäuber kann Vespa velutina auch als Vektor für die Übertragung verschiedener Parasiten und Krankheiten wirken. Die Art kann den Rückgang von Bestäuberinsekten und Honigbienen, die bereits durch multiple Faktoren wie Pestizide, Klimawandel und Lebensraumverlust bedroht sind, verschärfen. Dies ist besonders kritisch, da Wildbestäuber für die Samen- und Fruchterzeugung sowie für die Biodiversität von Wildpflanzen unerlässlich sind. Der ökologische Einfluss ist vielschichtig und umfasst indirekte Effekte wie Verhaltensänderungen bei heimischen Arten (Reduzierung der Bestäubungseffizienz), Ressourcenkonkurrenz und Krankheitsübertragung. Dies deutet auf ein komplexes Geflecht von Interaktionen hin, bei dem
V. velutina Ökosysteme destabilisieren kann, insbesondere solche, die bereits unter Stress stehen. Aktuelle Studien sind im Gange, um die tatsächlichen Auswirkungen von Vespa velutina auf Wildbienenpopulationen und die Umwelt in den neu besiedelten Gebieten zu ermitteln.
4.3. Wirtschaftliche Auswirkungen: Kosten für die Imkerei und Landwirtschaft in Europa
Die Asiatische Hornisse verursacht erhebliche Verluste in der Landwirtschaft und insbesondere in der Imkerei. Zu den wirtschaftlichen Bedrohungen gehören der Verlust von Honigbienenvölkern, der Rückgang von Imkereiprodukten und die Kosten für Kontrollaktivitäten sowie die Nestentfernung.
Konkrete Beispiele für die verursachten Kosten verdeutlichen das Ausmaß des Problems. In Frankreich schätzte eine Studie die jährlichen nationalen Kosten aufgrund von Kolonieverlusten auf bis zu 30,8 Millionen Euro, was für Imker einen wirtschaftlichen Verlust von 26,6% der Honigeinnahmen bedeutet. Zwischen 2006 und 2015 gab Frankreich rund 23 Millionen Euro für die Nestentfernung aus. In Galicien (Nordwestspanien), wo jährlich etwa 28.000 Nester identifiziert wurden , belaufen sich die Kontrollkosten für Imker auf 14% bis 21% des geschätzten Produktionswerts des Honigs.
Die wirtschaftlichen Kosten, die in Millionenbeträgen für Frankreich und als signifikanter Prozentsatz des Produktionswerts für Spanien angegeben werden, sind direkt an die ökologischen Auswirkungen auf die Honigbienen (Kolonieverluste, reduzierte Sammelaktivität) gekoppelt. Dies ist nicht nur eine Frage der “Betriebskosten”, sondern eine quantifizierbare Messgröße für die disruptive Kraft der Art auf eine etablierte Industrie. Der erhebliche wirtschaftliche Schaden schafft einen starken Anreiz für Regierungen und den Agrarsektor, in Kontroll- und Managementstrategien zu investieren. Es verdeutlicht auch die untrennbare Verbindung zwischen ökologischer Gesundheit und wirtschaftlicher Stabilität, insbesondere in Sektoren, die auf Ökosystemdienstleistungen wie die Bestäubung angewiesen sind. Die konkreten Zahlen aus Frankreich und Galicien dienen als überzeugende Belege für diese finanzielle Belastung.
Die Verluste von Flugbienen können für gesunde Bienenvölker zunächst unbedeutend sein, aber geschwächte Völker (z.B. durch Varroamilben) sind besonders gefährdet und können zusammenbrechen. Die Stärkung der Bienenstöcke und die Verbesserung des Gesundheitszustands der Bienen sind daher entscheidend für das Überleben der Kolonien unter Hornissendruck. Darüber hinaus kann
Vespa velutina auch die Obstproduktion schädigen, da erwachsene Individuen süße Kohlenhydrate zur Aufrechterhaltung ihres Stoffwechsels benötigen.
5. Mensch und Hornisse: Gesundheitsrisiken und Verhalten
5.1. Der Stich: Toxizität, Schmerzempfinden und allergische Reaktionen
Die Asiatische Hornisse besitzt einen kräftigen Stachel , der 3-4 mm lang sein kann. Ihr Gift ähnelt dem von Wespen, enthält aber auch Komponenten, die Schlangengift ähneln , sowie Neurotoxine und Zytotoxine. Ein Stich ist für den Menschen in der Regel nicht tödlich, es sei denn, es liegt eine Allergie vor. Die meisten Reaktionen sind mild und äußern sich in sofortigem, stechendem oder brennendem Schmerz, Schwellung, Rötung und Wärme an der Stichstelle. Seltener können systemische Reaktionen wie Übelkeit, Erbrechen oder Fieber auftreten.
In seltenen Fällen können schwere allergische Reaktionen (Anaphylaxie) auftreten, die lebensbedrohlich sein können. Symptome umfassen Atembeschwerden, Engegefühl in der Brust, Benommenheit, Nesselsucht oder Schwellungen im Gesicht, an Lippen, Zunge oder Rachen. Eine schwere Allergie entwickelt sich typischerweise erst nach mehreren Stichen derselben Art. Es gibt jedoch Berichte über zunehmende Fälle von allergischen Reaktionen in Spanien und Frankreich. Im Vergleich dazu ist das Gift der Europäischen Hornisse (
Vespa crabro) weniger toxisch als das von Honigbienen oder anderen Faltenwespen, kann aber schmerzhafter sein, da es Acetylcholin enthält und der Stachel länger ist (bis zu 6 mm). Die Stichwirkung von
Vespa velutina wird der von Vespa crabro gleichgesetzt; ihr Gift hat keine höhere Toxizität als das der Honigbiene oder anderer Faltenwespen.
Es besteht eine Diskrepanz zwischen der öffentlichen Wahrnehmung und der wissenschaftlichen Realität der Stichgefahr. Obwohl vor “Panikmache” gewarnt wird und betont wird, dass es sich nicht um “Killer-Hornissen” handelt , und die Toxizität des Giftes nicht höher ist als die von Honigbienen oder der Europäischen Hornisse , stellen die detailliert beschriebenen schweren allergischen und systemischen Reaktionen und die schiere Zunahme der Begegnungen aufgrund der wachsenden Population ein legitimes Problem für die öffentliche Gesundheit dar. Der Fokus sollte auf informierter Vorsicht und angemessener Erster Hilfe/medizinischer Versorgung liegen, anstatt auf unbegründeter Angst. Bei einem Stich sollte der Stachel entfernt, die Wunde mit Wasser und Seife gereinigt und eine kalte Kompresse aufgelegt werden. Bei schweren allergischen Reaktionen ist sofortige medizinische Hilfe (Notruf, ggf. Adrenalin-Autoinjektor) erforderlich.
5.2. Verhalten gegenüber Menschen: Friedfertig, aber wehrhaft bei Neststörung
Die Asiatische Hornisse gilt im Vergleich zu anderen Faltenwespen als relativ friedfertig. Sie greift Menschen nicht grundlos an. Stiche erfolgen ausschließlich zur Verteidigung des Nestes. Daher sollte ein Abstand von mehreren Metern zu Nestern eingehalten werden.
Die Anwesenheit von Nestern in ländlichen und städtischen Gebieten führt aufgrund potenzieller Gesundheitsfolgen zu sozialer Besorgnis. Hier zeigt sich ein Paradoxon: Obwohl die Hornissen als “friedfertig” beschrieben werden, die Menschen nicht grundlos angreifen, verursacht ihre Anwesenheit “soziale Besorgnis” und sie stellen eine “Bedrohung für die öffentliche Gesundheit” dar. Dieser scheinbare Widerspruch löst sich durch ihr defensives Verhalten in der Nähe von Nestern und die schiere Anzahl der Nester in besiedelten Gebieten auf. Das Problem ist nicht die Aggressivität des einzelnen Tieres, sondern die erhöhte Wahrscheinlichkeit unbeabsichtigter Begegnungen aufgrund ihrer weiten Verbreitung und ihrer Nistgewohnheiten (oft hoch in Bäumen, aber auch in städtischen Strukturen). Die Störung dieser zahlreichen Nester, oft unwissentlich, führt zu defensiven Stichen, die dann öffentliche Angst und Gesundheitsbedenken hervorrufen. Dies unterstreicht die Notwendigkeit einer professionellen Nestentfernung und der Aufklärung der Öffentlichkeit über das richtige Verhalten in der Nähe von Nestern.
Im Gegensatz zur Europäischen Hornisse (Vespa crabro), die nachtaktiv ist und sich in beleuchtete Räume verirren kann, ist die Asiatische Hornisse tagaktiv und verirrt sich im Dunkeln nicht in beleuchtete Zimmer. Beobachtungen in Gefangenschaft zeigten, dass das aggressive Verhalten in Embryonestern geringer war als in Sekundärnestern.
6. Management und Bekämpfung: Strategien und Herausforderungen
6.1. Früherkennung und Monitoring: Von der Bürgermeldung bis zur High-Tech-Ortung
Eine frühzeitige Erkennung ist entscheidend, um die Ausbreitung der Asiatischen Hornisse zu begrenzen und isolierte Populationen zu entfernen, bevor sie sich etablieren können. Die derzeitige Überwachung basiert jedoch häufig auf manueller Identifizierung und visuellen Meldungen der Öffentlichkeit, was zu einer geringen Genauigkeit führt.
Verschiedene Monitoring-Methoden werden eingesetzt, um diese Herausforderung zu bewältigen:
- Traditionelle Beobachtung: Das geduldige Beobachten und Verfolgen von Hornissen auf ihrem Rückweg zum Nest ist besonders effektiv während der Hauptsammelzeiten am Morgen und späten Nachmittag.
- Triangulation: Durch das Platzieren von Ködern an verschiedenen Orten und das Notieren der Flugrichtungen der Hornissen kann der ungefähre Neststandort bestimmt werden.
- Hornissen-Markierung (Hornet Tag Tracking): Hierbei werden leichte Markierungen (Fäden, Federn, Papierstreifen oder photolumineszierende Quantenpunkte) an Hornissen angebracht und deren Flüge visuell (mit Teleskop, Drohne) oder mit Kurzwellen-Infrarot-Detektionssystemen verfolgt. Herausforderungen sind die Beeinflussung des Flugverhaltens der Hornissen, Verheddern oder der Verlust der Sichtverbindung.
- Harmonisches Radar: Eine vom Politecnico di Torino entwickelte Technologie im Rahmen des LIFE STOPVESPA-Projekts. Das Radar sendet Wellen aus, die von kleinen, nicht-linearen Markierungen (Metallfaden mit Diode) an den Hornissen reflektiert werden. Die Reichweite beträgt etwa 500 m, und das System kann Hindernisse umgehen, um die Hornissen zu verfolgen.
- Wärmebildkameras: Hornissennester strahlen Wärme ab und können so, insbesondere in kühleren Abendstunden, mit Wärmebildgeräten aufgespürt werden.
- KI-gestützte Systeme (VespAI): Ein automatisiertes System zur schnellen Erkennung von V. velutina, entwickelt an der University of Exeter. Es kombiniert eine standardisierte Überwachungsstation mit einer Hardware-gestützten KI (Raspberry Pi 4, 16MP Kamera, YOLOv5s-Architektur). Das System erkennt Hornissen in Echtzeit mit hoher Präzision (≥0,99) und sendet Bildalarme. Ziel ist es, die Einschränkungen manueller Identifikation (Abdeckung, Genauigkeit, Wachsamkeit) zu überwinden. Dies ist entscheidend für die frühzeitige Erkennung, bevor neue Königinnen produziert werden.
Die Entwicklung von Werkzeugen wie VespAI und harmonischem Radar stellt einen Übergang zu automatisierteren, präziseren und skalierbareren Detektionsmethoden dar. Diese sind entscheidend, um Nester frühzeitig zu finden, insbesondere die schwer auffindbaren Sekundärnester hoch in Bäumen. Dies impliziert auch einen Bedarf an Finanzierung und Zusammenarbeit in der wissenschaftlichen Forschung. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass Ingressionsereignisse so früh wie möglich erkannt werden, um die Zerstörung von Kolonien zu ermöglichen,
bevor neue Königinnen produziert werden. Wenn dieses “enge Zeitfenster” verpasst wird, etabliert sich die Population wahrscheinlich, und die Managementkosten steigen rapide an. Dies unterstreicht die entscheidende Bedeutung der Detektionsbemühungen im Frühjahr/Frühsommer, die auf die Gründerköniginnen und Primärnester abzielen.
Die Bürgerbeteiligung ist ein unverzichtbarer Bestandteil der Überwachungs- und Frühwarnsysteme. Die Bevölkerung wird aktiv zur Meldung von Sichtungen mit Fotos oder Videos über offizielle Plattformen und Apps aufgefordert. Imker spielen eine entscheidende Rolle im Monitoring, wie das Programm “AHlert-Nord” zeigt.
6.2. Bekämpfungs- und Beseitigungsmethoden
Die Zerstörung von Nestern gilt als die effektivste Methode zur Kontrolle von Vespa velutina-Populationen. Es gibt verschiedene Techniken zur Nestbeseitigung:
- Einkapselung und Einfrieren: Nester in menschlicher Höhe können in Plastiksäcke oder Behälter eingeschlossen und dann für 48 Stunden bei -20°C eingefroren werden.
- Mikrowellenstrahlung: Diese Methode tötet Hornissen ohne den Einsatz von Chemikalien, wodurch andere Arten nicht geschädigt werden.
- Absaugung: Das Nest wird abgesaugt und der Beutel anschließend zerdrückt oder ertränkt.
- Chemische Methoden: Dazu gehören das Einbringen von Insektiziden in das Nest mittels Teleskopstangen oder das Anbringen von Ködern, die mit Chemikalien versetzt sind. Es ist jedoch wichtig, die Exposition anderer Insektenarten und Vögel gegenüber Pestiziden zu begrenzen, indem die Nester innerhalb von 48 Stunden nach der Behandlung entfernt werden. Ein innovativer Ansatz ist die Verwendung von Hornissen als Vektoren, um einen Wirkstoff, wie einen entomopathogenen Pilz ( Metarhizium robertsii), ins Nest zu transportieren. Laborstudien zeigen, dass V. velutina anfälliger für diesen Pilz ist als andere Hymenopteren.
Die Bekämpfung von Vespa velutina-Nestern ist eine Aufgabe für geschulte Fachkräfte. Eigenständige Versuche zur Nestzerstörung werden dringend abgeraten.
Fallen sind eine weitere Methode zur Kontrolle, jedoch mit Kontroversen behaftet.
- Köderfallen: Häufig werden Köderfallen eingesetzt, um die invasive Population zu reduzieren. Es gibt zuckerbasierte Köder (z.B. mit Bier), die im Frühjahr eingesetzt werden, um Gründerköniginnen anzulocken und so die Entstehung neuer Kolonien zu verhindern. Im Sommer, wenn die Arbeiterinnen aktiv sind, werden proteinbasierte Köder verwendet.
- Selektivität: Die Wirksamkeit von Frühjahrsfallen ist umstritten, und ein großes Problem ist der hohe Beifang von Nicht-Zielarten, einschließlich heimischer Bestäuber. Dies unterstreicht die Herausforderung der selektiven Kontrolle und die unbeabsichtigten Folgen nicht-selektiver Methoden, die ein erhebliches Risiko für heimische Arten darstellen. Der Einsatz von Bio-Fallen mit selektiven Ködern, die keine Substanzen enthalten, die von Bestäubern gemocht werden, wird daher bevorzugt.
- Verbot von Fallen: In Niedersachsen ist die Verwendung von Tot- oder Lebendfallen ohne Ausnahmegenehmigung verboten, da auch invasive gebietsfremde Arten Schutzobjekte des Tierschutzgesetzes sind.
Die Ausrottung der Vespa velutina vom europäischen Kontinent wird als nicht mehr möglich angesehen. Daher verschiebt sich der Fokus von der reaktiven “Ausrottung” zu proaktiver “Prävention” und “Früherkennung”. Dies erfordert koordinierte, langfristige Strategien, die nicht nur die direkte Bekämpfung umfassen, sondern auch die Aufklärung der Öffentlichkeit und die Stärkung der Widerstandsfähigkeit heimischer Ökosysteme. Es wird ein integrierter Schädlingsmanagementansatz (IPM) empfohlen, der verschiedene Maßnahmen kombiniert, um Kolonieverluste zu verhindern.
7. Fazit
Die Asiatische Hornisse (Vespa velutina) hat sich seit ihrer unbeabsichtigten Einführung in Europa zu einer ernsthaften invasiven Art entwickelt, die weitreichende ökologische und wirtschaftliche Folgen nach sich zieht. Ihre bemerkenswerte Anpassungsfähigkeit und ihr exponentielles Wachstumspotenzial, selbst unter genetisch eingeschränkten Bedingungen, haben zu einer schnellen Ausbreitung über den Kontinent geführt.
Die Hauptauswirkungen konzentrieren sich auf die Imkerei, wo Vespa velutina als opportunistischer Generalist eine erhebliche Bedrohung für die Westliche Honigbiene (Apis mellifera) darstellt. Die fehlenden evolutionären Abwehrmechanismen der europäischen Bienen machen sie besonders anfällig für die Jagdstrategien der Hornisse, was zu Kolonieverlusten und erheblichen wirtschaftlichen Schäden führt. Die ökologischen Folgen reichen über die direkte Prädation hinaus und umfassen Störungen der Nahrungsketten, Verhaltensänderungen bei Bestäubern und das Potenzial zur Übertragung von Krankheiten, was die bereits gestressten heimischen Bestäuberpopulationen weiter gefährdet.
Für den Menschen stellt die Asiatische Hornisse zwar keine inhärent “tödliche” Gefahr dar, doch die Zunahme von Begegnungen und das Risiko schwerer allergischer Reaktionen bei Neststörungen führen zu legitimer sozialer Besorgnis.
Das Management der Asiatischen Hornisse erfordert einen vielschichtigen Ansatz. Die frühzeitige Erkennung von Nestern, insbesondere der schwer auffindbaren Sekundärnester, ist entscheidend, um die Ausbreitung einzudämmen. Hierbei spielen technologische Innovationen wie harmonisches Radar und KI-gestützte Systeme (z.B. VespAI) eine zunehmend wichtige Rolle, um die Grenzen traditioneller Überwachungsmethoden zu überwinden. Gleichzeitig ist die aktive Beteiligung der Bevölkerung und insbesondere der Imker von größter Bedeutung für ein effektives Monitoring.
Angesichts der Tatsache, dass eine vollständige Ausrottung in vielen etablierten Gebieten als unrealistisch gilt, verlagert sich der Fokus auf langfristige Managementstrategien, die darauf abzielen, die Auswirkungen zu minimieren. Dies beinhaltet die gezielte Nestzerstörung durch Fachkräfte und den Einsatz selektiver Fallen, um den Beifang von Nicht-Zielarten zu vermeiden. Eine umfassende Aufklärung der Öffentlichkeit über die Biologie und das Verhalten der Hornisse sowie über angemessene Verhaltensweisen ist unerlässlich, um Panik zu vermeiden und eine informierte Koexistenz zu ermöglichen. Zukünftige Forschung ist weiterhin notwendig, um die langfristigen ökologischen Effekte auf Wildbestäuber vollständig zu verstehen und effektivere, umweltfreundlichere Kontrollmethoden zu entwickeln.